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Geschichte

Die Geschichte des Brandschutzes in Anraff

Sie lässt sich bis in das Jahr 1840 verfolgen. Damals war die Erkenntnis gereift, dass die Feuerbekämpfung mit herkömmlichen Mitteln nicht mehr ausreichte. Im Brandfalle eine Menschenkette zu bilden, in der Löscheimer weitergereicht wurden, war sicher wenig effektiv. So muss es aus heutiger Sicht als sehr fortschrittlich angesehen werden, dass sich die Dörfer Anraff, Giflitz und Mehlen 1840 eine gemeinsame, von Pferden gezogene, Feuerspritze zulegten, die ihren Standort in Giflitz hatte.
Unterstützung aus Nachbardörfern im Brandfalle war auch ein Gedanke, der ein Jahr zuvor in der „Verordnung über die entstehenden Feuerbrünsten zu treffenden Maßregeln und Anordnungen“ (Fürstlich Waldeckisches Regierungs-Blatt Nr.3 1839) verankert worden war. Die Erinnerung an die Anschaffung einer gemeinsamen Feuerspritze im Jahre 1840 bot den Feuerwehren aus Anraff, Giflitz und Mehlen 1993 den Anlass, 150-jähriges Jubiläum zu feiern.

Die Sorge um den Brandschutz lässt sich auch Aus den alten Rechnungsbüchern der Gemeinde Anraff entnehmen. So gab es die Verpflichtung, dass Personen, die in der Gemeinde ansässig wurden, drei Mark für einen ledernen Feuereimer zahlen mussten, eine Maßnahme, die die Verantwortung aller Einwohner für den Feuerschutz deutlich macht. So ist z. B. im Rechnungsbuch die Einnahme von neun Mark für drei Personen verzeichnet. Demgegenüber steht eine Ausgabe von drei Mark für die Anfertigung einer neuen Feuerleiter durch Stellmacher Jakob Heintzemann. Wie bescheiden die Brandschutzmittel damals im Vergleich zu heute waren, veranschaulicht eine Inventarliste der Anraffer Feuerwehr aus dem Jahr 1886:
1 Feuerspritze mit 5 Säcken, 5 Stricke, 2 Äxte, 1 Laterne, 3 Feuerhaken, 2 Leitern und 12 „gute“ Feuereimer.
Bei der Feuerspritze handelt es sich um die 1886 angeschaffte Handkarrenspritze.

Wichtige Veränderungen brachten die dreißiger Jahre des vorigen Jahrunderts. In den Akten der Hessischen Brandversicherungsanstalt in Kassel finden sich Aufzeichnungen vom 1.11.1931 über drei Angebote zur Beschaffung einer Kleinmotorspritze von 400l/min Nennleistung bei 60 m Förderhöhe für die Gemeinde Anraff. Dass es mit der Anschaffung der Motorspritze aber noch einige Zeit dauerte, belegt ein Schreiben von Bürgermeister Meuser vom 8.10.1933, in dem von der Absicht die Rede ist, eine solche zu kaufen. Aus diesem Schreiben geht hervor, wie schwierig es damals war, das Löschwasser zu beschaffen.

„Die Wasserentnahme für die Spritze muss unterhalb des Ortes jenseits der Bahnlinie (gemeint ist der parallel zu ihr verlaufende Wassergraben) erfolgen. Um nun von dieser Stelle aus jedes Gehöft am äußersten Ende des Ortes erreichen zu können, wird eine Schlauchlänge von 450 – 500 mtr. notwendig sein. Von anderer Seite her wird wieder die Anlage eines großen Wasserbehälters, in der Mitte des Ortes, vorgeschlagen, wodurch erstens 100 – 150 mtr. Schlauch gespart würden und auch im Brandfalle eine schnellere Wasserzufuhr zur Brandstelle gewährleistet würde“. Auf Anraten der Brandversicherungsanstalt wurde ein Wasserbehälter im Garten von Carl Albus nach einem Flächenaustausch errichtet (Beschluss der Gemeindevertretung vom 22.6.1934). Die Anschaffung wurde durch ein Darlehen der Hess. Brandversicherungsanstalt in Höhe von 1807 RM ermöglicht (Schuldurkunde vom 4.12.1934).

Die Organisation des Feuerlöschwesens war 1933 ausschließlich Gemeindesache. So stand noch am 27.6.1932 die Wahl des Ortsbrandmeisters und seines Stellvertreters auf der Tagesordnung der Gemeindevertretung. Gewählt wurden damals Heinrich Pfeil bzw. Wilhelm Michel.
Am 8.10.1933 teilte Bürgermeister Meuser der Brandversicherung mit, dass auch in Anraff die Gründung einer freiwilligen Feuerwehr vorgesehen sei. Deren Ausrüstung mit Uniformen erfolgte 1936. Die Anfertigung der blauen Röcke bzw. der Koppel übernahmen örtliche Handwerksmeister.

Da auch aus Anraff viele Feuerwehrkameraden im 2. Weltkrieg geblieben waren, war der Wiederaufbau nach dem Krieg sicher eine schwierige Aufgabe.

Ein interessanter Hinweis findet sich in dem Protokoll der Gemeindevertretung vom 7.1.1950:
„Für Aus- bzw. Weiterbildung soll ein Angehöriger der Feuerwehr zur Feuerwehrschule in Kassel entsandt werden. Es wurde einstimmig beschlossen, die anfallenden Kosten sowie für den noch zu bestimmenden Feuerwehrmann einen Tagessatz von 6.- DM für die Dauer des Lehrgangs aus der Gemeindkasse zu zahlen.“

Eine Feuerwehrsatzung verabschiedete der Anraffer Gemeinderat am 27.6.1958. Zwei weitere zukunftsweisende Beschlüsse für den Feuerschutz in Anraff fasste das Gremium einstimmig am 30.3.1963. Sowohl der Kauf einer neuen Motorspritze als auch der Anbau des Holzschuppens der Schule als Gerätehaus wurden gebilligt. Mit dem Kauf des Feuerwehrautos im Jahre 1970 zog die Feuerwehr in die jetzige Unterkunft um. Vorbei waren nunmehr die Zeiten des bescheidenen „ Spritzenhauses “ in dem alten, Mitte des 18. Jahrhunderts gebauten Schulhaus und späteren Gemeindehauses im Oberdorf.

Nachdem die 1963 beschaffte Tragkraftspritze keine Saugkraft mehr erbracht hatte, übergab Bürgermeister Willi-Ernst Schreiber der Anraffer Wehr im November 1990 ein neues Gerät. Bedeutendstes Geburtstagsgeschenk anlässlich des 150-jährigen Jubiläums im Jahre 1993 war dann ein neues Fahrzeug als lange ersehnter Ersatz für den Oldtimer. Genauer gesagt, es wurde das 2 Jahre alte Fahrzeug der Nachtbarfeuerwehr in Wellen übernommen, die im Rahmen der Dorferneuerung ein neues Auto erhielt. Zusammen mit den lange gewünschten Handsprechfunkgeräten und einer neuen Tragkraftspritze konnte nun die Ausrüstung als zeitgemäß angesehen werden.

Das Jubiläumsjahr sei zum Anlass genommen, den Organisationsstands der Anraffer Wehr dazustellen. 1993 hatte sie 22 aktive und 69 passive Mitglieder, der Jugendfeuerwehr gehörten 17 Mädchen und Jungen an. 1.Vorsitzender war Dieter Michel, sein Stellvertreter Heinz Dietz. Das Amt des Wehrführers versah Heinz Rese und das seines Stellvertreters Heinz Michel.

Zur Zeit ist Robert Neuschäfer 1. Vorsitzender, sein Stellvertreter Heinrich Rese. Die Aufgaben des Wehrführers hat Michael Rese übernommen, sein Vertreter ist Mirko Küppers. Als letzter größerer Meilenstein in der Geschichte der Anraffer Feuerwehr sei die Errichtung eines Anbaus am Feuerwehrgeräthaus erwähnt, der in Eigenarbeit der Blauröcke geleistet wurde. Die Materialkosten dafür beliefen sich auf 25.000 DM. In diesem Anbau wurden Umkleidemöglichkeiten für die Feuerwehrleute geschaffen. Weiterhin wurde ein überdachter Anbau nebst Pflasterfläche in Eigenarbeit 2007 fertig gestellt.

In der Chronik der Anraffer Feuerwehr sollen zum Schluss noch die Großbrände der letzten Jahrzehnte verzeichnet werden, weil sie sicher in besonderem Maße Anlass waren, Ausbildungsstand und Ausrüstung zu diskutieren.

August 1985: Brand in zwei Fertigungshallen des schaumstoffverarbeitenden Betriebes in der Ederaue. Fast 70 Feuerwehrleute aus Bad Wildungen und Edertal waren im Einsatz. Der Sachschaden wurde auf mindestens eine halbe Millionen DM geschätzt. August 1988: Scheune und Stallungen des Landwirts Rudolf Zick wurden ein Raub der Flammen. Über 50 Feuerwehrleute aus Edertal und Bad Wildungen waren an dem schwierigen Löscheinsatz beteiligt. Der Sachschaden wurde auf 150.000 DM beziffert. April 1991: In der ehemaligen Anraffer Ziegelei wurden trotz Einsatz von 90 Feuerwehrleuten aus Edertal und Bad Wildungen Fertigungshalle und Wohnhaus der Firma „ Edertaler Schaumstoffe “ fast völlig zerstört. Hier entstand ein Sachschaden von rund 750.000 DM.

Quelle: Wolfgang Lübke; Festschrift 2002 zur 1200 Jahrfeier Anraff
150 Jahre Feuerwehren Anraff Giflitz Mehlen
1840 bis 1990 (Dokumentation von Hanns Schoenewolf 1993)